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Geld, das Früchte trägt - ethisch investieren

Andreas Bauer

Andreas Bauer

14. Mai 2024

Unsere Gesellschaft steht vor den größten Herausforderungen unserer Zeit. Gerade angesichts des fortschreitenden Klimawandels möchten immer mehr Menschen nachhaltig leben. Sie hinterfragen ihre Gewohnheiten und alltäglichen Konsumentscheidungen: Unter welchen Bedingungen wurde meine Kleidung hergestellt? Lieber Zugreise oder doch das Flugzeug? Wie kann ich Plastik reduzieren?

Auch das Thema Geld gerät dabei in den Fokus. Verbraucher fragen öfter nach nachhaltigen Finanzprodukten. Sie wollen von ihren Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern wissen, was mit ihrem Geld passiert und ob der Anbieter ihren Werten entspricht. So ist der Markt nachhaltiger Geldanlagen laut Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen e.V. (FNG) stark gewachsen: Die Gesamtsumme nachhaltiger Geldanlagen erreichte 2022 in Deutschland eine Rekordmarke von fast 578,1 Milliarden EUR. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Anstieg von 15 Prozent (Quelle: Deutschland – FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen (fng-marktbericht.org). Viele möchten, dass ihr Geld etwas Gutes bewirkt, und suchen nachhaltige Geldanlagemöglichkeiten.

Eine Idee wird geboren
Schon Ende der 60er Jahre haben Menschen sich gefragt, wie Banken ihr Geld verwenden – angesichts weltweiter Kontroversen wie der Apartheid in Südafrika oder dem Vietnamkrieg. Junge, politisch engagierte Kirchenmitglieder verschiedener Konfessionen forderten auf einer Tagung des Ökumenischen Rats der Kirchen 1968 im schwedischen Uppsala eine nachhaltige Anlagemöglichkeit, die nicht den Profit von Großbanken vergrößert, sondern die Frieden und weltweite Solidarität unterstützt. So wollten sie sicherstellen, dass Rücklagen zu einer positiven Entwicklung in der Welt beitragen. 1975 erfolgte deshalb die offizielle Gründung als Ecumenical Development Cooperative Society (EDCS) mit Sitz im niederländischen Amersfoort, die sich 1999 in Oikocredit umbenannte.

Geld mit ökologischer und sozialer Wirkung
So vergibt die Genossenschaft Oikocredit seit fast 50 Jahren Kredite und Kapitalbeteiligungen an sozial orientierte Unternehmen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Investitionsschwerpunkte sind inklusives Finanzwesen, Landwirtschaft und erneuerbare Energien. Das sind zum Beispiel Mikrofinanzinstitutionen, die einkommensschwachen Menschen Kredite und Sparmöglichkeiten bieten. Oder Fair-Trade-Genossenschaften, die Kleinbäuern unterstützen und Arbeitsplätze schaffen. Einheimische  Fachkräfte in den Oikocredit-Länderbüros wählen die Partnerorganisationen sorgfältig aus, betreuen und beraten sie vor Ort. Gemeinsam mit den Partnerunternehmen eröffnet Oikocredit Menschen die Chance, ihre Lebenssituation selbst zu verbessern.

Kleinbäuerliche Betriebe im Globalen Süden stärken
Ramón Monges aus Paraguay ist einer von ihnen. Der biologisch wirtschaftende Landwirt baut neben Zitronenverbene auch Pampelmusen, Limetten und Orangen an. Ein zitroniger Duft begleitet ihn und seine Mitarbeitenden beim Schälen der Orangen. Anschließend werden die Schalen am Zaun getrocknet. Seine komplette Ernte verkauft er an die Genossenschaft La Norteña. Diese verarbeitet die Fruchtschalen und Kräuter von 1.800 Erzeugerbetrieben weiter und bereitet sie für den Export vor.

La Norteña ist seit 2011 Partnerorganisation von Oikocredit und damit eins von 540 sozial ausgerichteten Unternehmen im Globalen Süden, die Oikocredit als Impact Investorin unterstützt. La Norteña fördert ihre 6.300 Mitglieder unter anderem mit Darlehen und technischer Hilfe. So erhöhen sich die Erträge für kleinbäuerliche Betriebe. Ramón Monges ist mit seinem Betrieb seit 2014 Mitglied bei La Norteña. Er  profitiert besonders vom besseren Marktzugang für seine Produkte über die Genossenschaft. So trägt GUTES GELD gute Früchte.

Nachgefragt: Was bewirkt eine ethische Geldanlage?
“Nachhaltigkeit” ist heute in aller Munde. Doch was bedeutet es genau? Oikocredit misst die Wirkung der Geldanlage unter anderem mithilfe einer Endkundenbefragung. Das direkte Feedback der Endkunden ermöglicht es den Partnerunternehmen, ihre Dienstleistungen weiter zu verbessern und auf Veränderungen im Leben der Kunden zu reagieren. Die Umfrage befasst sich zum Beispiel mit Veränderungen in den Bereichen Einkommen, Sparen, Gesundheit und Bildung. Auch Wetterextreme sind ein Thema der Erhebung. Des Weiteren werden die Kunden danach befragt, wie sich Angebote und Dienstleistungen der Partnerorganisationen auf ihre Lebenssituation ausgewirkt haben. Oikocredit unterstützt die beteiligten Mitarbeitenden, ihre Kenntnisse bei der Datenerhebung, -analyse und -verwaltung zu vertiefen.

Die Genossenschaft veröffentlicht jedes Jahr einen Wirkungsbericht, in dem sie aufzeigt, wie sie nachhaltige Entwicklung fördert und positive Ergebnisse in den Ländern des Globalen Südens erzielen konnte.

Globale Bewegung für soziale Gerechtigkeit
Mit einer Geldanlage bei Oikocredit werden die Anleger Teil einer globalen Bewegung, zusammen mit Tausenden gleichgesinnten Menschen und Organisationen, die sich für eine gerechtere Zukunft einsetzen. Darüber hinaus engagieren sich viele Anleger ehrenamtlich in einem der  Oikocredit-Förderkreise. In Deutschland gibt es insgesamt sieben Förderkreise: Sie vernetzen Anleger, informieren über die Arbeit von Oikocredit und ihren Partnerorganisationen und laden zu Bildungsveranstaltungen rund um nachhaltige Entwicklung ein.

OIKOCREDIT IN ZAHLEN
  • 1975 vom Ökumenischen Rat der Kirchen gegründet
  • Rund 50.000 Anleger weltweit, davon fast die Hälfte in Deutschland
  • 540 Partnerorganisationen in 52 Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika
  • 7 deutsche Förderkreise, die Bildungsarbeit machen
  • Investitionsvolumen im Jahr 2023: 1.084,7 Millionen EUR